Diesem Horror entkommen sind inzwischen Hunderttausende. Zu ihnen zählt Maria, die es mit der zweijährigen Tochter Lilia und ihrem Ehemann nach Brandenburg geschafft hat. Mit ihnen kamen am Mittwochabend 100 weitere
ukrainische Kriegsflüchtlinge in der Stadt an. Sie wurden, so die Eindrücke meines Kollegen André Großmann,
großartig von den neun Mitarbeitern des Vereins Soziale Arbeit Mittelmark und vielen Freiwilligen in Empfang genommen. Überhaupt beeindruckt das Engagement vieler, vieler Menschen in Brandenburg und eine Solidarität, die man in den vergangenen zwei Jahren fast schon aussichtslos verloren glaubte.
Denn ja, man muss in dieser Situation auch den Bogen zur Corona-Pandemie spannen. Wenn ich die mutigen Menschen sehe, die in Russland gegen diesen wahnsinnigen Angriffskrieg - der auch in ihrem Namen stattfindet - demonstrieren, die niedergeknüppelt und ins Verließ geworfen werden, dann wächst meine Abscheu gegen die, die bei ihren (grundsätzlich völlig legitimen) Anti-Corona-Maßnahmen-Demos behaupten, in Deutschland dürfe man seine Meinung nicht mehr frei aussprechen.
Die sollten mal ganz genau hinsehen, was in Russland gerade passiert: Mehr als 7000 Festnahmen von Menschen, die gewaltlos und friedlich gegen den Krieg protestierten, wurden dort binnen einer Woche gezählt. Darunter in St. Petersburg eine 77-Jährige, deren Verbrechen es war, selbst gemalte Bilder hochzuhalten. Elena Osipova ist eine der bekanntesten Überlebenden der deutschen Blockade von Leningrad, die eine Million Zivilisten das Leben kostete. Bei einer anderen Versammlung in Moskau klickten die Handschellen für zwei junge Mütter, die mit ihren insgesamt sieben Kindern ihren friedlichen Protest zum Ausdruck bringen wollten. Sie alle wurden hinter Gitter gesteckt - die Kinder sind zwischen sieben und elf Jahre alt. Das, werte Querdenker, ist eine Diktatur.
Am Sonntag um 18 Uhr findet am Fuße der Friedenswarte auf dem Marienberg übrigens wieder eine Mahnwache statt. Aufgerufen dazu haben OB Steffen Scheller sowie Vertreter von Hilfs-Netzwerken, Vereinen, Kirchen und politischen Akteuren. “Das Zusammenkommen dient dem gemeinsamen Gedenken an die Menschen in der Ukraine. Alle Brandenburgerinnen und Brandenburger sind herzlich eingeladen”, heißt es aus dem Rathaus.